Spiel der Saison oder Pflichtaufgabe
Im Drittliga-Derby zwischen Bieberau/Modau und Großwallstadt treffen sich auch Michael Spatz und Florian Bauer

Von Bernd Kalkhof und Udo Döring

DARMSTADT . Der Blick geht fast reflexartig zurück nach 2017, wenn das Drittliga-Derby in der Böllenfalltorhalle zum Thema wird. Auf jene Szene, als kurz vor Abpfiff ein Wurf der HSG Bieberau/Modau am Pfosten landete und es so beim einen Tor mehr für den TV Großwallstadt blieb. Zwei Jahre später treffen sich beide Mannschaften wieder in der Halle. Ein Wiedersehen auch für zwei Integrationsfiguren auf beiden Seiten, die auch beide schnell auf das Spiel von damals kommen.

„Wir haben knapp verloren und waren über 50 Minuten gleichwertig“, sagt Florian Bauer, der damals noch Bieberauer Spieler war. Heute ist er Co-Trainer an der Seite von Thorsten Schmid. Dazwischen war er Trainer beim TV Großwallstadt, bis ihm der Kampf gegen den Abstieg zum Verhängnis wurde. „Das war eine anstrengende Runde, aber ein absolut super Erlebnis. Ich habe viel gelernt über professionellen Handball“, sagt Bauer ohne Groll und konkretisiert den Lerneffekt: „Ich hätte zwei, drei Sachen anders machen sollen, wie zum Beispiel auf die ein oder andere Neuverpflichtung zu pochen.“

Weil aber auch ein Trainerwechsel die Talfahrt nicht beendete, landete Großwallstadt zum zweiten Mal in der Dritten Liga. Wo der Traditionsverein nach Bauers Meinung nicht hingehört. „Es gibt nicht viele Handballvereine, die solch eine Infrastruktur haben.“ Und er sieht in der Liga aktuell auch keinen Gegenspieler, der auch finanziell ähnlich offensiv an das Thema Aufstieg rangeht.

Während das Derby für Bieberau/Modau das Spiel der Saison ist, ist es für den Altmeister eher eine besondere Pflichtaufgabe. Der sechsmalige Deutsche Meister und zweifache Gewinner des Europapokals der Landesmeister hat sich nach der Insolvenz 2015 konsolidiert. „Es ist schwierig, in diesem Umfeld, Handball aus der Dritten Liga zu verkaufen, weshalb wir auch unbedingt wieder aufsteigen wollen“, sagt auch Michael Spatz. Mit 37 Jahren ist der zwölfmalige Nationalspieler immer noch eine Bank in Sachen Torewerfen und ein großes Vorbild für seine jungen Mitspieler. Weit über 2000 Tore hat der Birkenauer für die Wallstädter erzielt, auch aktuell führt der Linkshänder die Liga-Torschützenliste an. Ans Aufhören denkt er frühestens in der Winterpause, wenn er sich mit Trainer Ralf Bader und dem sportlichen Leiter Maik Pallach über die Zukunft unterhalten will.

Den Wiederaufstieg hat er fest im Visier, auch wenn der Saisonstart etwas holprig verlief. „In der Liga ist eine generelle Qualität vorhanden, und wir hatten gerade auswärts so unsere Probleme. Wenn du nicht hochmotiviert und mit der nötigen Einstellung antrittst, wird es gegen jede Mannschaft schwer“, erklärt Spatz die Ausrutscher zum Saisonanfang.

Auch Spatz, der bereits in den größten Hallen der Republik unterwegs war, erinnert sich an die letzten Vergleiche in der betagten Sportstätte am Böllenfalltor. „Diese Halle hat auch einen besonderen Charme, da herrscht immer eine gute Stimmung und es gibt spannende Spiele“, erklärt der studierte Prozessmanager. Dass sein Team der klare Favorit ist, weist er keinesfalls von sich. „Wenn alle unsere Spieler fit sind, haben wir den in der Qualität wohl breitesten Kader. Das macht sich besonders in der Schlussviertelstunde bemerkbar, wenn bei unseren Gegnern die Kraft ausgeht und wir noch zulegen können“, erklärt Spatz. Beruflich stark eingebunden, darf Spatz etwas weniger trainieren als der Rest. Die meisten TVG-Spieler müssen pro Woche zweimal vormittags und fünfmal am Abend ran.

Auch ein Grund, warum Florian Bauer froh ist, wieder dort als Handballtrainer zu arbeiten, wo er auch wohnt. „Ich bin in fünf Minuten in der Halle und habe so auch mehr Zeit für meine drei Frauen“, sagt der Vater von zwei Töchtern. Dass er als ehemaliger Zweitliga-Trainer nun Assistent in der Dritten Liga ist, stört ihn gar nicht. „Nach dem Jahr, das viel Energie gekostet hat, genau das richtige“, bewertet Bauer die Rolle als Co-Trainer von Thorsten Schmid, der ja auch schon in höheren Ligen gearbeitet hat und vor allem sein Ausbilder bei allen Lizenzstufen war. „Ich kann bei ihm noch viel abgucken und lernen“, sagt Bauer über Schmid und formuliert ein Ziel, das sich auch wieder an das Derby von 2017 anlehnt: „Wenn es gelingt, die Abwehr stabil zu stellen, werden diesmal wir mit einem Tor Vorsprung gewinnen.“