Von Bernd Kalkhof und Udo Döring/ Darmstädter Echo
GROSS-BIEBERAU. Ein Licht flackert in der Dunkelheit des Handballhimmels. Die Deutsche Handballliga (DHL) hat den 1. Oktober als Termin für den Start der nächsten Spielzeit ausgerufen. Nach der Schockstarre im März ist nun etwas Hoffnung zurück, auch für die Dritten Ligen und damit die HSG Bieberau/Modau. Wenn es nach den Wünschen der HBL geht, dürfen auch Zuschauer zu den Spielen kommen. Mindestens 50 Prozent der Plätze sollten nutzbar sein.
Für den HSG-Manager Georg Gaydoul klingt das jedoch ein wenig zu optimistisch. „Für uns wäre eine Halbierung der Zuschauerzahlen schon das absolute Optimum. Wir rechnen aber eher mit 200 bis 250 Zuschauern pro Spiel“, sagt der unermüdliche Macher der Odenwälder, deren Spielgemeinschaft bei Derbys schon mal 1000 Zuschauer empfängt, im Schnitt waren es in der vergangenen Saison rund 750. Zudem gibt Gaydoul zu bedenken, dass sich viele Anhänger der HSG bereits im reiferen Alter befinden und einen Besuch der Großsporthalle scheuen werden. „Wir müssen erst mal abwarten, was da noch alles auf uns zukommt. Alleine die Ausgaben für Sicherheitsmaßnahmen und Desinfektionsmittel werden enorm sein“, fügt er an.
„Wir haben fast 5000 Euro allein für Desinfektionsmittel veranschlagt“, rechnet Michael Rodenhäuser vor und bremst ebenfalls zu hohe Erwartungen an eine vermeintliche Handball-Normalität. „Alles, was den Handball ausmacht, die Emotionen, die Nähe auf der Tribüne, das ist ja kontraproduktiv für die Eindämmung dieses Virus“, erklärt der Finanzexperte des Drittligisten. Weniger Zuschauer heißt aber auch weniger Geld in der Kasse: „Es gibt nur eine Sportart in Deutschland, die nicht unbedingt auf Zuschauer angewiesen ist, alle anderen werden Probleme kriegen.“ Anders als zuletzt im Fußball demonstriert, geht es eben im Handball nicht allein um Fernsehgelder – schon gar nicht in der Dritten Liga.
Der Etat verkleinert sich um 20 bis 30 Prozent, fällt deutlich unter 200 000 Euro. „Wir müssen in den Bereichen Zuschauer, Catering und Sponsoring Abstriche machen, was sich letztendlich nur durch Gehaltsverzicht der Spieler stemmen lässt“, beschreibt Gaydoul die Situation. Rodenhäuser spricht vom „absoluten Limit“ und gibt für die Spieler die Devise aus: „Man muss im halbprofessionellen Bereich den Spielern nahe legen, dass sie mehr in die berufliche Schiene gehen und das nicht als Joch, sondern als Chance sehen.“ Dass der Verein hier auch im Zusammenspiel mit treuen Sponsoren große Unterstützung leisten kann, ist gerade in dieser Zeit ein wertvolles Leistungsmerkmal.
Trotz aller Unwägbarkeiten blickt Gaydoul zuversichtlich Richtung Saisonstart. „Wir sind auf alles vorbereitet und haben schon einen kompletten Kader zusammen. Was jetzt noch alles auf uns zukommt, wissen wir nicht“. Weshalb der Dauerkartenverkauf auch noch auf sich warten lässt. „Im September wissen wir hoffentlich mehr“, hofft Gaydoul.
Angeführt vom konsequenten Trainer Thorsten Schmid geht man im Verein nach wie vor sehr vorsichtig mit der viralen Bedrohung um. So wird auf die jüngsten Lockerungen – wie zehn Spieler in der Halle – verzichtet. Trainiert wird weiterhin vornehmlich im Freien, Körperkontakt wird vermieden, auf Abstand weiterhin großen Wart gelegt. Bis zu einem vermeintlichen Saisonstart im Oktober sei schließlich noch viel Zeit.
Derweil sind am Wochenende auch die neuen Torhüter Christoph Weizsäcker (zuletzt HSG Wetzlar) und der aus Zypern stammende Christopher Nungovitch (Spartak Moskau) in Groß-Bieberau eingetroffen. Beide bezogen ihre Wohnungen. Auch Kreisläufer Hannes Iffert wird diese Woche ins Training einsteigen, das nun erstmals mit komplettem Kader weitergeht. Vorbereitungsspiele soll es aber erst ab Mitte August geben.
Am Dienstag ist die Meldefrist für die Dritten Ligen abgelaufen, am 12. Juli entscheidet die Spielkommission über die Klasseneinteilung, geplant wird mit 18 Mannschaften pro Staffel. Eine lange Saison mit 34 Spielen steht der HSG Bieberau/Modau also bevor – wann immer sie auch beginnen mag.